Indonesien 2015

Exkursion nach Indonesien 2015


Im Land der 17’000 Inseln: Bericht zur Indonesien-Exkursion 2015

Ab dem Frühjahr 2015 bot sich den Studierenden der Sozialanthropologie der Universitäten Bern und Zürich die Möglichkeit, sich für die geplante Exkursion nach Indonesien anzumelden. Die Vorbedingungen für die Teilnahme bestanden im erfolgreichen Bestehen zweier Indonesisch-Sprachkurse sowie in der Absolvierung einer Vorbereitungsübung. In den Sprachkursen erlernten die Studierenden die Grundlagen der Bahasa Indonesia, der indonesischen Landessprache. Dank der engen Verknüpfung zwischen Sprache und Kultur wurden zudem erste Kenntnisse über die indonesische Lebensweise erlangt. Dazu gehörten sowohl die Vokabeln rund um die Esskultur, wie aber auch zu den zahllosen Verkehrsmitteln, vom becak (dreirädriges Fahrrad-Taxi) bis hin zum kereta api (wörtlich: Feuerwagen, dt.: Zug). Zeitgleich wurden in der Vorbereitungsübung Themen zum soziopolitischen Kontext des Landes der 17’000 Inseln behandelt. Besprochen wurde beispielsweise die Geschichte des Landes während der Kolonialzeit, der japanischen Besetzung im zweiten Weltkrieg und der darauffolgenden Unabhängigkeit im Jahre 1945. Die erste Präsdialregierung Sukarnos, die blutige Zeit der Diktatur unter General Suharto, sowie den Übergang zum aktuellen Präsidenten Jokowi standen gleichermassen im Fokus. In der Übung wurde zudem das Programm der einmonatigen Exkursion bekannt gegeben: Nach einer gemeinsamen Einführungswoche in Bandung, der von 2.3 Millionen Menschen bewohnten “Stadt der Blumen”, wird sich die Exkursionsgruppe auf fünf verschiedene Forschungsstandorte aufteilen. Zu diesen gehörten Jambi auf der Insel Sumatra, Manado (Nord-Sulawesi), Jakarta und Yogyakarta (beide auf Java) und die Westmanggarai (Flores). Insgesamt umfasste die Exkursionsgruppe 23 Studierende aus Bern und deren fünf aus Zürich, unter der Leitung der Professoren Dr. Heinzpeter Znoj, Dr. Olivia Killias und Dr. Peter van Eeuwijk. Ebenfalls mit dabei waren die Indonesischlehrer Baba und Simon Weber, welcher die Einführungswoche in Bandung organisierte, sowie die Doktoranden Michael Meier und Cyprianus Dale.

Foto 1: Prof. Dr. Znoj und Studierende zu Besuch auf der Teeplantage. Foto: Simon Weber
Foto 1: Prof. Dr. Znoj und Studierende zu Besuch auf der Teeplantage. Foto: Simon Weber

Am späteren Nachmittag des 26. Juli 2015 fanden sich die Exkursionsteilnehmer nach der individuellen Anreise im Hotel Serena in Bandung ein. Am folgenden Tag, nach der ausgiebigen Verpflegung am Frühstücksbüffet, an dem natürlich Reis und Nudeln nicht fehlen durften, startete das offizielle Programm der Exkursion.

Vormittags wurde eine Teeplantage besucht, am Nachmittag ging es weiter mit einer künstlichen Quellenlandschaft, welche als Erholungsort für die städtische Bevölkerung Bandungs eingerichtet worden war. Die Studierenden versuchten, diese Freizeitangebote mit anthropologisch geschärftem Blick zu betrachten und gewannen erste Eindrücke der Lokalkultur. In den Abendstunden bot sich die Gelegenheit, die Freizeit individuell zu gestalten, was individuelle Streifzüge im Quartier, Nahrungssuche oder die in Indonesien beliebten Karaokeauftritte ermöglichte.

Der nächste Tag stand im Zeichen einer Führung durch das Museum zur Asien-Afrika-Konferenz, die 1965 zur Stärkung der ökonomischen, politischen und kulturellen Zusammenarbeit zwischen afrikanischen und asiatischen Staaten abgehalten wurde.

Foto 2: Die Exkursionsgruppe in der Masjid Raya in Bandung. Foto: Baba.
Foto 2: Die Exkursionsgruppe in der Masjid Raya in Bandung. Foto: Baba.

Die Konferenz stand im Zeichen des Anti-(Neo-)Kolonialismus, zudem stellte die Konferenz erste Weichen für die Bewegung der blockfreien Staaten im Kalten Krieg. Im Anschluss stand ein Besuch der Masjid Raya, der Grossen Moschee Bandungs, samt Besteigung des Minaretts auf dem Programm.

Am folgenden Tag besuchte die Exkursionsgruppe das anthropologische Institut der Uni Bandung. Im gegenseitigen Austausch wurden die Studiengänge länderübergreifend verglichen und über aktuelle, fachspezifische Themen diskutiert. Wie schon bei den vorigen Exkursionsorten wurde die Exkursionsgruppe herzlich empfangen und nicht zuletzt mit kulinarischen Spezialitäten der Region verwöhnt.

Ein weiterer Höhepunkt des Exkursionsprogramms war die Podiumsdiskussion mit wichtigen Vertretern vom Agrarian Resource Centre (ARC), der Indonesian Agrarian Reform (KPA) und der Organisation Serikat Petani Pasundan (SPP), welche in den Landrechtskonflikten zwischen der ländlichen Bevölkerung und der Regierung eine massgebliche Rolle spielen. Am darauffolgenden Tag erhielten die Studierenden die Gelegenheit, das Tätigkeitsgebiet der Organisation SPP in einem muslimischen Dorf ausserhalb der Grossstadt kennenzulernen. Auf dem Weg durch das Dorf wurde die ganze Gruppe vom Bürgermeister in dessen Eigenheim eingeladen und wiederholt mit lokalen Speisen verpflegt. Im Anschluss wurden die von der Organisation errichtete Internatsschule vorgestellt. In den aus Flechtwerk bestehenden Schulräumen angekommen, wurden die Gäste von der Lehrer- wie auch Schülerschaft willkommen geheissen und über den Schulalltag informiert. Zum Mittagessen wurde ein wahrliches Festmahl aufgetischt, welches die zukünftigen Feldforschenden in typisch indonesischer Manier, auf dem Boden sitzend mit den Händen essend, zu sich nahmen. Der Spaziergang zurück zum Bus führte durch Tabakfelder und Gärten, an deren Ränder sich die Lokalbevölkerung aufhielt und dem Besuch aus der Schweiz mit grosser Freude die Hand schüttelte.

Foto 3: Im Innern des “Bandung Command Center” erwartet die Exkursionsteilnehmer eine futuristische Einrichtung. Foto: Baba.
Foto 3: Im Innern des “Bandung Command Center” erwartet die Exkursionsteilnehmer eine futuristische Einrichtung. Foto: Baba.

Zum Abschluss des ersten Teils der Exkursion liess man die mit vielen Eindrücken gesättigte Einführungswoche Revue passieren. Der letzte grosse Programmpunkt stand zu diesem Zeitpunkt jedoch noch aus: Das Meeting beim Bürgermeister von Bandung. Überraschenderweise wurde die Exkursionsgruppe in futuristischen, den Star-Trek-Filmen nachempfundenen Räumlichkeiten empfangen und über die neuesten Projekte der Stadtverwaltung informiert.

Zu deren Visionen zählt die freie Wifi-Verfügbarkeit in allen öffentlichen Räumen der Stadt, eine Sicherheitsapp mit Panik-Button, mit welchem die Polizei alarmiert werden kann, sowie weitere Projekte die auf neuen Kommunkationstechnologien beruhen. In den Abendstunden nach dem Abschluss des offiziellen Programms versammelten sich die Teilnehmenden zum gemeinsamen Nachtessen. Tags darauf  reisten die einzelnen Gruppen in die zuvor genannten Forschungsgebiete ab. Ab diesem Zeitpunkt waren drei Wochen für die individuellen Forschungsvorhaben der verschiedenen Kleingruppen geplant, welche in der Folge kurz vorgestellt werden.

Zur Gruppe Jambi, unter der Leitung von Herr Professor Znoj, gehörten Laura Hofstettler, Lisa Lüscher, Anja Klauser, Zora Zlot, Sina Hirzberger, Remo Leuenberger sowie Nathalia Schotterer. Lisa Lüscher und Laura Hostettler befassten sich in ihrer Forschungsarbeit mit der Frage: Wie erlernen die Kinder von Muara Mendras ihre Arbeiten im Haushalt? Dabei lebten sie bei einer lokalen Familie und halfen bei der Heim- und Gartenarbeit mit.

Ebenfalls dem Thema ruraler Arbeit widmeten sich Anja Klauser und Zora Zlot; sie untersuchten Aspekte der Arbeitsteilung zwischen Generationen. Der Titel ihrer Arbeit lautet: Wie widerspiegelt die Arbeitsteilung zwischen Generationen und Geschlechtern die Sozial- und Familienstruktur in Renah Tebat, Jambi?

Sina Hirsberger und Remo Leuenberger, die ebenfalls ihre teilnehmende Beobachtung in einer ruralen Gemeinde durchgeführt haben, gaben ihrer Forschungsarbeit den Titel Familiäre Arbeitsorganisation und Kommunikationstechnologien in Zentralsumatra.

Nicht mit der ruralen Arbeit selbst, sondern mit der Reproduktion der Arbeitskraft hat sich Natalia Schotterer auseinandergesetzt und untersuchte Essenspraktiken. Ihre Arbeit trägt den Titel: Apakah kamu sudah makan? – finding the social meaning behind food praxis, as the reality of love and security.

Die Gruppe mit Christoph Müller, Andrei Stoinescu, Elisabeth Schubiger und Romy von Gunten reisten in der Begleitung des Doktoranden Michael Meier und Baba nach Jakarta. Ebenfalls mit Essenspraktiken befasste sich Elisabeth Schubiger, genauer gesagt mit dem Vegetarismus in Jakarta. Der Titel ihrer entstandenen Arbeit lautet: Vegetarier in Indonesien? Eine Ethnographie zu Nahrungsgewohnheiten in Jakarta, Indonesien.

Anstelle der Essenspraktiken stellte Christoph Müller die Lebensmittelbeschaffung ins Zentrum und setzte sich mit dem städtischen Markttreiben auseinander. Er erstellte zusammen mit der in Bern forschenden Studentin Martina Wiggenhauser einen Vergleich zwischen einem indonesischen und einem Schweizer Markt. Die Arbeit trägt den Titel: „Der Markt als Erlebniswelt von Körpertechniken?” Jakarta - Bern: Eine transnationale Forschungsübung über 11’224 km.

Auch das Wasser Jakartas stand im Fokus: Andrei Stoinescu untersuchte die Lebenswelt der Bewohner des Quartieres nahe des Ciliwung-Flusses. Seine Arbeit nennt er: Verschmutztes Wasser und Überflutungen – Leben am Ciliwung in Jakarta.

Als letztes Mitglied der Jakarta-Gruppe setzte sich Romy von Gunten mit Schönheit und Körperpflege auseinander. Ihre Fragestellung lautete: Beauty-Salons in Jakarta: Wie tragen sie zur Repräsentation des Frau-Seins in Indonesien bei?

Unter der Leitung von Dr. Piet van Eeuwijk reisten Joy Amendola, Paul-Adam Fehr, Milena de Sa, Olivia von Däniken, Andreas Hunkeler, Roman Stocker, Sarina Bucher und Yaren Kirmitzitas nach Nord-Sulawesi.

Joy Amendola und Paul-Adam Fehr befassten sich mit der medizinischen Anthropologie, der Titel ihrer Arbeit lautet: Warum gehst Du ins Spital? Behandlungen, Preisklassen und Krankheit in einem christlichen Spital in Nord-Sulawesi.

Nicht in einem Spital, sondern in einem Waisenhaus agierten Sarina Bucher und Yaren Kirmitzitas. Sie erstellten eine Arbeit zum Thema: Anka Yatim piatu: Was heisst es in Nord-Sulawesi, ein Waisenkind zu sein?

Auch in Nord-Sulawesi stand das Thema Essen im Interesse der Forschenden: Der Frage: Welches sind Gründe, um ein Warung makan in Tomohon zu betreiben? gingen Andreas Hunkeler und Roman Stocker nach. Sie erarbeiteten zu dieser Frage einen Kurzfilm, welcher eine lokale Familie, welche einen Warung Makan (Essensstand) betreibt, porträtiert. Das Produkt ihrer Arbeit ist unter folgendem Link einsehbar: https://vimeo.com/148239958.

Nebst dem Verkauf von Essen wurde ebenso die Essens- bzw. die Gewürzproduktion untersucht. Mit Praktiken rund um den Gewürznelken-Anbau setzten sich Milena de Sa und Olivia von Däniken auseinander. Gewürznelken-Anbau in Makalisung Tondano (Minahasa, Nord-Sulawesi). Wandel in einer ruralen Gesellschaft, lautet die Überschrift der entstandenen Arbeit.

 

Martina Burato, Ruth Thommen und Svenja Schär sammelten ihre Feldforschungserfahrungen in Yogyakarta, begleitet von Simon Weber. Dabei befassten sie sich mit der Szene der Strassenkünstler. Ihrer Arbeit gaben sie den Titel Öffentliche Kunst in Yogyakarta.

Unter der Leitung von Cyprianus Paju Dale reiste die fünfte Gruppe nach Labuan Bajo auf der Insel Flores. Zu dieser gehörten Sarah Wipfli, Angelika Edelmann, Angelika Widrig, Roger Langenegger und Anja Vogel.

Sarah Wipfli und Angelika Edelmann befassten sich mit der Veränderung der lokalen Webkunst und führten ihre teilnehmende Beobachtung unter Weberinnen in einem kleinen Dorf in der Westmanggarai durch. Ihrer Forschungsarbeit gaben sie den Titel: Social and Cultural Transformations in the Art of Weaving in West Flores, Manggarai.

Angelika Widrig hingegen untersuchte den Aspekt der Herstellung dieser traditionellen Webkunst entlang der Wertschöpfungskette, was zum Titel The Supply chain of tenun songket in West Flores, Manggarai führte.

Nebst der manggaraischen Webkunst wurde ebenso manggaraische Musik untersucht. Roger Langenegger und Anja Vogel forschten zu Musik im Zusammenhang mit sozialem Aktivismus in Labuan Bajo. Aus der Zusammenarbeit mit der lokalen Aktivistengruppe ist ein Kurzfilm entstanden, welcher das Ringen um den letzten öffentlichen Strand in Labuan Bajo porträtiert. Der Film heisst SAVE PEDE und steht unter folgendem Link zur Verfügung:
https://www.youtube.com/watch?v=ak4L7UE3eao

Nach der offiziellen Vorstellung der Forschungsarbeiten an der Uni Bern bildete ein von Studenten organisierter Indonesien-Abend mit indonesischem Essen, Filmen und Präsentationen den Abschluss der Exkursion. Die Reise ins Land der 17’000 Inseln bot den angehenden Sozialanthropologen der Universitäten Bern und Zürich die wertvolle Gelegenheit, erste Felderfahrungen zu sammeln und sich mit einer aussereuropäischen Kultur auseinanderzusetzen. Den Organisatoren der Exkursion gebührt der grosse Dank, den Studierenden wertvolle Erfahrungen für das weitere Studium mitgegeben zu haben.

Im Namen der Studentenschaft,

Anja Vogel & Roger Langenegger

 

Die Forschungsaufenthalte an den fünf Standorten führten zu folgenden Forschungsarbeiten:

Jambi:

  • Anja Klauser und Zora Zlot: Wie widerspiegelt die Arbeitsteilung zwischen Generationen und Geschlechtern die Sozial- und Familienstruktur in Renah Tebat, Jambi?
  • Lisa Lüscher und Laura Hostettler: Wie erlernen die Kinder von Muara Mendras ihre Arbeiten im Haushalt?
  • Natalia Schotterer: Apakah kamu sudah makan? – finding the social meaning behind food praxis, as the reality of love and security.
  • Sina Hirzberger und Remo Leuenberger: Familiäre Arbeitsorganisation und Kommunikationstechnologien in Zentralsumatra.

 

Jakarta:

  • Andrei Stoinescu: Verschmutztes Wasser und Überflutungen – Leben am Ciliwung in Jakarta.
  • Christoph Müller und Martina Wiggenhauser: “Der Markt als Erlebniswelt von Körpertechniken?” Jakarta - Bern: Eine transnationale Forschungsübung über 11’224 km.
  • Elisabeth Schubiger: Vegetarier in Indonesien? Eine Ethnographie zu Nahrungsgewohnheiten in Jakarta, Indonesien.

 

Sulawesi:

  • Joy Amendola und Paul-Adam Fehr: Warum gehst Du ins Spital? Behandlungen, Preisklassen und Krankheit in einem christlichen Spital in Nord-Sulawesi.
  • Milena de Sa und Olivia von Däniken: Gewürznelken-Anbau in Makalisung Tondano (Minahasa, Nord-Sulawesi). Wandel in einer ruralen Gesellschaft.
  • Roman Stocker und Andreas Hunkeler: Welches sind Gründe, um ein Warung makan in Tomohon zu betreiben? <https://vimeo.com/148239958>. (Video).
  • Romy von Gunten: Beauty-Salons in Jakarta: Wie tragen sie zur Repräsentation des Frau-Seins in Indonesien bei?
  • Sarina Bucher und Yaren Kirmizitas: Anak Yatim piatu: Was heisst es in Nord-Sulawesi ein Waisenkind zu sein?

 

Yogyakarta:

  • Martina Burato, Ruth Thommen, Svenja Schär: Öffentliche Kunst in Yogyakarta.

 

Flores Barat / Manggarai:

  • Angelika Widrig: The Supply chain of tenun songket in West Flores, Manggarai.
  • Sarah Wipfli and Angelika Edelmann: Social and Cultural Transformations in the Art of Weaving in West Flores, Manggarai.
  • Roger Langenegger und Anja Vogel: SAVE PEDE - A last public beach and people’s attempt to keep it theirs.
Passwort: BoloLobo

Passwort: BoloLobo