FS23: Archive & Erinnerung

Archive sind geordnete Sammlungen von Dokumenten und Objekten sowie Speicher von Wissen und Wirklichkeit. Gleichzeitig sind es machtvolle und umkämpfte Institutionen für die Deutung von sozialer Ordnung, Geschichte und Transformation. Im Kontext von kolonialer Herrschaft, von Rassismus und Multikulturalismus zeigt sich etwa, wie Herrschaftsverhältnisse sich in der Produktion und Archivierung von Dokumenten niederschlagen und dadurch auch gesellschaftlicher Amnesie Vorschub leisten können.


Archive müssen aber nicht nur als (institutionalisierte) Sammlungen von Texten verstanden werden. Landschaften, städtische Ökologien, orale Traditionen oder Versammlungen sind auch Speicher von Gegenwissen und wenig bekannten Geschichten Der Fokus auf solche sublime, materielle, moralische, affektive und ästhetische Archive erfordert jedoch neue Zugangsweisen, die ethnographische, künstlerische oder aktivistische Formen der Wissensproduktion verbinden.

Das Public Anthropology Lab widmet sich im HS22 und im FS23 der Frage, wie alternative Archive geschaffen, erforscht und öffentlich verhandelt werden können, um wenig bekannte gesellschaftliche Wirklichkeiten sichtbar zu machen.

Im politisch-poetischen Wohnzimmergespräch spricht Fatma Aydemir mit Mona-Lisa Kole und Rohit Jain über das Buch „Eure Heimat ist unser Albtraum“ von 2019. Darin fragen sich 14 Autor*innen, ob und wie sie in Deutschland angesichts von Rassismus und Monokultur heimisch sein können. Im Verlauf des Abends klinken sich Stimmen aus der Diaspora in Bern ein. Ein Community-Abend der Vielen. Nachdenklich, wütend, witzig und stolz!
The quilombo of Helvécia in Bahia emerged from the struggle for freedom against the German-Swiss colony of Leopoldina in the mid-19th century. In the atmosphere of an audiovisual installation we will discuss with historian Izabel Barros, artist Denise Bertschi, photographer Dom Smaz and journalist Milena Machado Neves about their and other approaches to the past and present of Helvécia. How can decolonial and marginalized histories be written and represented? What archives can be used to do so? What does it mean to negotiate the (post)colonial history of Brazil in Switzerland? And what responsibilities and what opportunities does this entail?