Vor einem Jahrhundert, am 29. Oktober 1923, wurde in der Folge des Vertrags von Lausanne die Republik Türkei gegründet. Aus diesem Anlass wollen wir einen Blick auf die Geschichte und Gegenwart des Landes werfen – jenseits der Klischeebilder vom Nationalhelden Atatürk und vom „Sultan“ Erdoğan. Zwischen der offiziellen Erfolgsgeschichte, hartnäckigen orientalistischen Stereotypen und politischen Machtkämpfen suchen wir nach der „anderen“ Türkei: nach einer vielschichtigen, dynamischen und widerständigen Gesellschaft, die sich den inneren Spannungen und den globalen Herausforderungen stellt.
In dieser „anderen“ Türkei kämpfen marginalisierte Gruppen um Minderheitenrechte und politische Repräsentation, fordert eine aktive feministische und LGTBQI-Bewegung gesellschaftliche Strukturen heraus, stellt sich die einfache Landbevölkerung einem Bulldozer-Kapitalismus entgegen und entstehen neue Solidaritäten mit Geflüchteten. Umweltgruppen legen die Strukturen einer ungebremsten Bauwirtschaft offen, die für die katastrophalen Folgen des Erdbebens im Februar mitverantwortlich ist, und beteiligen sich zugleich am globalen Kampf gegen den Klimawandel. Gleichzeitig stellt eine lebhafte transnationale Popkultur, die sich im Land und in der Diaspora immer wieder neu erfindet, die Machtverhältnisse kreativ in Frage.
Wir wollen mit unserer Podiumsdiskussion auf diese Dynamiken und Widersprüche in Geschichte und Gegenwart aufmerksam machen und über Verflechtungen dieser Türkei mit der Schweiz und Europa diskutieren.
Ein Gespräch mit der Journalistin und Autorin Çiğdem Akyol, der Soziologin Bilgin Ayata, der Historikerin Elife Biçer-Deveci und der Basler Grossrätin Edibe Gölgeli. Moderation: Ali Sonay und Christoph Ramm.
Eine Zusammenarbeit mit ciné liminal und der Studien- und Forschungsstelle Schweiz-Türkei.